Bei einem Geschäftsbericht muss der Vorsitzende natürlich auch begründen, woran schlechte Zahlen gelegen haben. Da stand hauptsächlich, es läge an den unabhängigen Händlern, die viel mehr Hoobyisten seien, als Geschäftsleute und deshalb in letzter Zeit häufig (insbesondere in den USA) dicht gemacht hätten. Das stimmt natürlich. Auch in Deutschland gab es in den 90ern mehr Läden als heute. Insbesondere in den anderen Bereichen (z.B. Rollenspiel) sind denen die Umsätze weggebrochen. Und es gab zu viele Läden für diesen relativ kleinen Markt. Deswegen hat es eine Verdrängung gegeben. Daran hat sich natürlich auch GW durch seine eigenen Läden beteiligt.
Für mich gibt es da aber noch eine ganze Reihe anderer Gründe:
Ich glaube nicht, dass es an alternativen Spielsystemen liegt. Davon gab es früher auch schon viele. Und GW hat sich überall durchgesetzt. Eine wirkliche Alternative gibt es doch gar nicht mehr. Schaff Dir mal eine anständige "Ring of Rule"-Armee an und such einen Gegner!
Es gibt eine schwindendes Interesse an Tabletop. Genau wie an Cosims und Rollenspielen. Daran sind die PC-Spiele schuld. GW war davon aber nie betroffen. Während alle in den 90ern in die Krise gerieten, als in jedem Zimmer plötzlich ein PC oder eine Playstation stand, ist GW genau da von einem kleinen Nischenanbieter zu dem Riesen in der Spielwarenbranche aufgestiegen.
An Ebay liegt es sicherlich. Ich glaube, von uns würde doch kaum noch jemand auf die Idee kommen, sich eine komplette Armee im GW-Laden zu kaufen.
Das Hauptproblem dürfte bei Ebay sein, dass viele Leute mit Warhammer nach kurzer Zeit wieder aufgehört haben. Die Sachen sind dann irgendwo im Keller vergammelt und wer angefangen hat, hat sich neue Sachen gekauft. Jetzt tauchen diese alten Sachen nicht mehr ab, sondern Anfänger können sich statt neuer Sachen die gebrauchten von Ehemaligen besorgen. Ebay hat quasi so etwas wie einen GW-Recycling-Markt geschaffen.
Ein anderes (kleines) Problem könnte sein, dass 2006 keine Kampagne stattgefunden hat. Die haben mit Sonderfiguren für eine ganze Menge zusätzlichen Umsatz gesorgt.
Ein größeres Problem dürfte sein, dass der Hype um Herr der Ringe inzwischen stark nachgelassen hat. Auf die HdR-Reihe geht ja eine ganze Menge der Umsatzsteigerungen der letzten Jahre zurück.
Natürlich wird GW auch wie die gesamte Spielwarenbranche unter den sinkenden Geburtenraten leiden.
Dazu kommt natürlich auch der Kaufkraftverlust auf den beiden großen Märkten Deutschland und Frankreich. Da hat das Geld in den letzten Jahren nicht gerade locker gesessen. Ich weiß nicht, ob die Engländer, die ja alles diktieren, das wirklich so mitbekommen haben, denn in England boomte die Wirschaft ja.
Es ist im übrigen nie gut, einen Auslandsmarkt von zuhause kontrollieren zu wollen, weil die Marktkenntnisse fehlen. Das aht sich insbesondere in der Autoindustrie gezeigt. Ford hat den Deutschen jahrelang alles vorgeschrieben und jetzt ist Ford Europa der einzige Konzernbereich, der noch Gewiinne einfährt. Bei GM ist es genauso. Die überlegen sogar schon Opels als GM in den USA zu verkaufen. Und wenn wir mal die Branche wechseln: Walmart ist ja hiert auch voll auf die Schnauze gefallen.
Mir fehlt bei GW das typisch regionale. Warum stammen die Imperiumsnamen immer noch aus England und liegen ja teilweise voll daneben?
Mir fehlt in den letzten Jahren auch das Lustige. Ich habe eine Orkfrau mit zappelndem Kind, einen Speerträger mit Teddy im Rucksack, einen Orkmusiker mit E-Gitarre, etc.
Weiterhin hat GW in den letzten beiden Jahren auf Umsatzrückgänge immer mit Preiserhöhungen reagiert. Nur leider führt so etwas zu einem stärkeren Nachfragerückgang. Natürlich können die Umsätz wegen der höheren Preise trotzdem steigen, doch halte ich das bei GW für fatal. Denn der Einstieg ist recht teuer, aber danach gibt man deutlich weniger Geld aus. Also muss GW ständig neue Kunden suchen und kann sich nicht auf eine Stammkundschaft verlassen. Und da sind die Preise schon recht abschreckend geworden. Ein Regelbuch kostet 50 Euro. Das sind 100 DM!!! Dafür bekam man den ganzen Grundkasten der 4. und 5. Edition und den fanden die meisten schon zu teuer.
Dazu denke ich, dass einige Managementfehler gemacht werden. Und das ist auch auf nicht allzu qualifiziertes Personal zurückzuführen, insbesondere in Kontinentaleuropa. GW ist einfach ungesund schnell gewachsen. Bei einer personalintensiven Unternehmung kann sich zu schnelles Wachstum als fatal erweisen, da man nicht genügend qualifiziertes Personal bekommt und die Strukuren nicht mit der Mitarbeiterzahl mitwachsen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie GW Deutschland 1994 in einem Jahr aus dem Boden gestampft wurde. Da war ich nämlich mit der Bundeswehr fertig und stand mit meinem Diplom der Wirtschaft zur Verfügung. Damals habe ich mich auch bei GW (Hauptsitz war damals noch Hamburg) im Management beworben. Ich habe mich eigentlich für die ideale Besetzung gehalten: Ein Wirtschaftswissenschaftler mit Produktkenntnissen. Man hat mir aber mitgeteilt, dass man erst in einem Laden im Verkauf anfangen müsse und sich dann hocharbeiten könne. Eigentlich haben sie mehr darauf geachtet, dass man sich für die Spiele interessiert, als auf die Fachkenntnisse. Das hat sicher geholfen, Leute für den Hungerlohn, den GW zahlt (deutlich weniger als jedes andere Einzelhandelsunternehmung) beim Unternehmen zu halten. Aber wer hat sich dann wohl beworben? M.E. war das nur was für junge, arbeitslose Einzelhändler. Und wer einen einigermaßen anständigen Hauptschulabschluss und ein bisschen Fleiß mitbringt, wird im Einzelhandel selten arbeitslos. Wenn GW seine Position nicht geändert hat, sitzen heute bei GW Deutschland im Management nur dumme, faule Ex-Verkäufer!

Zumindest bei der Betreuung der Homepage gibt es ja genügend Beweise, dass es tatsächlich so ist!

So, das soll erst mal genügen. Für diese kurze Analyse müsste GW mir normalerweise schon etwa 200 € zahlen!
